Die veränderte Lebenswelt in Zeiten der Pandemie stellt alles Gewohnte auf den Kopf. Neben den großen wirtschaftlichen Schicksalen in der Kultur- und Veranstaltungsbranche leiden auch die kleinen kulturstiftenden Vereine in ländlicher Region unter den Begegnungsbeschränkungen, der Ungewissheit, der Planungsunsicherheit und vor allem der fehlenden Kommunikation mit den Mitgliedern und Nutzer*innen der ursächlichen Angebote. Diese Vereine organisieren im Normalfall Dorffeste, Hoffeste, Ausstellungen, Lesungen, Konzerte, Theateraufführungen, Sportevents und sind damit die eigentlichen Kulturträger in den Dörfern. Sie binden junge Menschen und fördern Engagement, Teamgeist und Zusammenhalt. All das entfällt in der Pandemiesituation. Die kleinen Vereine erholen sich nicht von heute auf morgen. Sie haben keine geeigneten Kommunikationsstrukturen, um das Vereinsleben virtuell aufrecht zu erhalten. Sie haben keine Möglichkeit mit ihrer Dorfbevölkerung zu kommunizieren oder ihre Vereinszwecke trotz der Pandemie wirken zu lassen. Diese kleinen soziokulturellen Gebilde des ländlichen Raumes haben kaum Kraft, zu überleben. Hier greift keine Förderung, die das Vereinsleben über die Zeit rettet.
Etwa 100 kleine Vereine der Region Stadt Marlow / Amt Recknitz-Trebeltal werden durch die Pandemiesituation systematisch ins AUS katapultiert. Diese kleinen Vereine sind gerade in einer ländlichen Region die soziokulturelle Stütze jeden Dorfes. Ohne sie gibt es dort auch die einfachste Kulturform nicht mehr. Wir wollen mit diesem Projekt, gemeinsam mit den Vereinen, Kommunen und der lokalen Wirtschaft Kultur unter neuen Bedingungen neu denken. Dabei spielen neue Netzwerkformen, digitale Möglichkeiten für kleinste Vereine, ungewöhnliche Kooperationen und die virtuelle Ideenschmiede eine große Rolle.
80 Orte, Kleinstädte, Dörfer und Ortsteile und ihre Vereine setzen sich als Region sich in Szene. Die soziokulturellen Angebote kleiner Vereine sollen gemeinsam neu gedacht, ausgerichtet und somit auch in Zeiten der Kontaktbeschränkung am Leben erhalten werden. Ein regionales Kulturnetzwerk führt Vereine, Kommunen, Wirtschaft zusammen, um neue Ideen zu entwickeln, Vereinsaktivitäten zu ermöglichen. Um dieses große Ziel zu erreichen, wird ein Expert*innen-Team zusammengestellt und mit den Akteuren verbunden. Neue Formen digitaler und hybrider Kulturvermittlung werden mit den Akteuren und Expert*innen entwickelt, erprobt, angewendet. Die Nutzung neuer Formen digitaler Kommunikation und Kulturvermittlung, neue Partnerschaften, Vernetzungen eröffnen neue Wege für kleine Vereine, wenn das Kulturverständnis breiter aufgestellt ist. Im Ergebnis werden soziokulturell ausgerichtete Aktivitäten aufgewertet und über den jeweiligen Vereinshorizont hinaus bekanntgemacht. Damit werden nicht nur „verlorene“ Dörfer der Region mit temporären Kulturangeboten versehen, sondern die Tourismus-Region präsentiert sich via Internet, Stream und Social Media mit seinen kulturellen Angeboten quasi weltweit.
Im Zentrum stehen etwa 60 kleine Organisationen in 80 Orten, deren soziokulturelle Angebotsstruktur unter Pandemiebedingungen zerbricht. Es ist erforderlich, die fehlende Kommunikation zwischen den Mitgliedern, den Nutzer*innen, den anderen Akteuren, den Kommunen und der lokalen Wirtschaft in Form eines funktionierenden Netzwerkes neu zu strukturieren. In einer virtuellen Ideenschmiede, werden gemeinsam Veranstaltungsformate neu gedacht und passgenau entwickelt. Begleitet von Expert*innen wird daran gearbeitet, wie das gewohnte Dorffest unter Einhaltung von Hygieneregeln kleinteiliger strukturiert und gleichzeitig kulturell aufgewertet werden kann. Wie lassen sich Konzerte, Lesungen und Theateraufführungen an neue Orte bringen, in das Dorf, das sich so etwas bislang nicht leisten konnte. Wie können die malenden und töpfernden Vereine ihre bildende Kunst digital in die Haushalte bringen, um zu verkaufen oder zum Mitmachen anzuregen. Expert*innen aus den Bereichen Eventmanagement, digitale Kommunikation und Produktion, Musik, Kunst sowie Organisationsentwicklung werden gemeinsam mit den ehrenamtlichen Akteuren sowie Kommunen und Wirtschaft neue Wege der Vereinskultur, der Angebotsstruktur und Kulturvermittlung gehen. Gemäß der Vereinsaktivitäten fällt der Blick auf klassische Musik, populäre Musik, Tanz, Theater, Literatur, Bildende Kunst, Kunsthandwerk, digitale Kunst, Foto, Video etc.. Und selbst die Sportler, Züchter, Angler, Kleingärtner und Feuerwehren sollen dabei nicht leer ausgehen. Sie sind es, die bislang viele dörfliche Events ausgerichtet haben. Auch sie sollen Unterstützung bei der Neuausrichtung ihrer Angebote erhalten. In einer ersten Phase werden die bisherigen Angebotsformen der Vereine gemeinsam mit den Akteuren und Expert*innen ermittelt, analysiert und in der Ideenschmiede auf ihre gegenwärtige Realisierungsfähigkeit hin geprüft. Ideen, Impulse und neue technische Lösungen unterstützen Veränderungsprozesse auf dem Weg zu neugestalteten, geeigneten soziokulturellen Angeboten. In diesem Prozess wird auch das Netzwerk gestärkt. Zur Realisierung notwendige Ausstattungsbedarfe werden durch das Netzwerk ermittelt und über Kommunen, externe Förderungen und Wirtschaft finanziert, da der kleine Verein dazu allein nicht in der Lage wäre. Dann beginnt die Phase der Einübung neuer Kommunikations- und Angebotsformen mit Unterstützung der Expert*innen. Je nach Situation im Sommer 2021 werden erste neue Veranstaltungsformen präsentiert und reflektiert.
Die verantwortlichen Akteure in den Vereinen sind ehrenamtlich tätige Laien. Sie haben die jahrelange Erfahrung der individuellen Vereinstätigkeit. Sie wissen, was sie wollen, aber derzeit oder vielleicht nie mehr so machen können, wie vorher. Sie sind die Kulturträger und beherrschen die Kommunikation in ihrem Vereinsnetzwerk. Die Kommunen versuchen seit Jahren mit bescheidenen Mitteln das Vereinsleben in ihrer Region finanziell zu unterstützen, sind aber dem derzeitigen Wandel nicht gewachsen. Die lokale Wirtschaft unterstützt Vereine vor Ort, nach ihren Möglichkeiten oft sehr kleinteilig mit Sach- und Geldspenden. Externe Profis stoßen nun mit ihrem Wissen auf diese drei Gruppen, um diese regional zu vernetzen und gemeinsam als Netzwerk neue, auf die ländliche Region und die Pandemiebedingungen zugeschnittene Kulturformate und Kommunikationsformen zu entwickeln. Der Projektträger verantwortet mit seiner Orts- und Personenkenntnis die Projektleitung, -steuerung und Prozessmoderation. Profis und Laien, Akteure, politische Entscheidungsträger*innen, Verwaltungshandelnde, Künstler*innen und andere Spezialist*innen bündeln ihr Wissen und ihre Stärken, um gemeinsam neue Wege zu gehen.
Die Vereine werden durch 1-2 Aktive vertreten. Sie bringen das Wissen um ihren Verein, um die Probleme, Stärken, Schwächen, Möglichkeiten und Wünsche ein. Die Stadt Marlow hat einen hauptamtlichen Bürgermeister, das Amt Recknitz-Trebeltal hat neben der Verwaltungseinheit 10 ehrenamtliche Bürgermeister*innen. Sie kennen die Situation vor Ort in den Kleinstädten und Dörfern. Sie haben Kontakt zu ihren Bürger*innen und örtlichen Multiplikator*innen. Hier können Veranstaltungen der Region koordiniert und veröffentlicht werden. Auch der Kontakt zur lokalen Wirtschaft kann von kommunaler Seite aus projektbezogen eingebracht werden. Der regionale Tourismusverein ist ein Netzwerk der kleinen und mittelständischen Tourismuswirtschaft der Region. Hier gibt es deutliche Anknüpfungspunkte für Kooperationen zwischen Kulturvereinen und Guts- und Herrenhäusern, Hotels und Pensionen, Produzent*innen und Freizeitanbieter*innen. Die Expert*innen werden fachspezifisch ausgewählt und bringen ihr Fachwissen ein. In dieser Konstellation werden nicht nur neue Veranstaltungsformate entwickelt, sondern auch neue Spielorte erschlossen, bei Events, die bislang auf künstlerische Mitwirkung verzichten mussten.
Die Rostocker Band "Rooster's Farm" mit dem ersten Teil ihres Konzerts am 12.11.2021 im Livestream.
Jaana Rasmussen (Kulturmanagerin)
Elisabeth Möbius (Social Media Marketing)
Andrea Ballschuh (Moderatorin)
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Martin Goldmann (Journalist und Videoproduzent)
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